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Menschenrechte und das Volk
zeitschrift für menschenrechte 2/2018
„Menschenrechte und das Volk“ lautet der – zugegebenermaßen – reißerische Titel des vorliegenden Hefts. Anlass für die Themenwahl sind aktuelle politische Bemühungen von Autokraten und Rechtspopulisten, sich als Vertreter des „echten Volkswillens“ zu gerieren und im Namen des Volkes demokratische und menschenrechtliche Prinzipien außer Kraft zu setzen. Wenn die Demokratie aber mit der reinen Mehrheitsherrschaft gleichgesetzt und „das Volk“ als homogen verstanden wird, dann besteht die Gefahr, dass all jene, die nicht zur politischen Mehrheit gehören, auch nicht das „echte“ Volk repräsentieren oder gar dazu gehören. Nur dann, wenn in einer durch Vielfalt geprägten Gesellschaft demokratische Freiräume grund- und menschenrechtlich verbürgt sind, wird von vornherein der gesamte demos eingebunden, einschließlich der gesellschaftlichen und politischen Minderheiten, die es in der Demokratie zu achten und zu schützen gilt. Nur dann ist auch ein Wechsel von politischen Mehrheiten möglich. Auf den Sinnzusammenhang von Demokratie und Menschenrechten gehen eingangs gleich zwei philosophische Beiträge ein. Stefan Kirste erachtet Demokratie nicht nur als ein objektives Staatsstrukturprinzip, sondern auch als ein subjektives Recht auf freie und gleiche Teilhabe an der politischen Selbstbestimmung. Bei seiner Begründung des „Menschenrechts auf Demokratie“ setzt der Rechtsphilosoph an der Menschenwürde an. In Abgrenzung zu Carl Schmitt und zu konservativen Positionen unternimmt Heiner Bielefeldt anschließend eine Grundsatzreflektion zum Zusammenhang von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten und weist diese – im Horizont der Kant‘schen Aufklärung – als ein komplexes Sinnganzes aus. Politisch daran anknüpfen kann der Appell von Ralf-Uwe Beck: „Mehr (direkte) Demokratie wagen in Zeiten des Rechtspopulismus“. Der Theologe und Bürgerrechtler sieht in direktdemokratischen Verfahren keine Gefahr für die Demokratie, sondern eine Möglichkeit, Vertrauen in die Demokratie zurück zu gewinnen. Der Rechtswissenschaftler Stefan Schlegel setzt sich anhand der Schweizer Volksinitiativen ebenfalls mit dem Verhältnis zwischen Demokratie und Menschenrechten auseinander und nimmt dabei die Friktionen zwischen neu geschaffenem Verfassungsrecht und den Grund- bzw. Menschenrechten in den Blick. Um Integration als Recht, Pflicht oder Ermächtigung geht es in dem Beitrag von Andreas Funke. Der Rechtsprofessor legt die rechtlichen Bestimmungen sowohl für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Integration als auch für die politische Integration von Ausländer*innen dar und unterzieht das Bayerischen Integrationsgesetz einer kritischen Analyse. Der abschließende Beitrag im Schwerpunkteil behandelt die Geschichtspolitik der polnischen Regierung, der es daran gelegen ist, den Patriotismus im Lande zu stärken und die Deutungshoheit über die Nationalgeschichte zu gewinnen. Kenntnisreich stellt der Historiker Andreas Mix die verschiedenen geschichtspolitischen Initiativen in den Kontext des gewandelten Geschichtsbildes seit der Systemtransformation 1989/90. Bezüge zu dem Schwerpunktthema weisen auch die Forumsbeiträge und der Tour d`Horizon auf. Christian Tomuschat setzt sich mit dem „Recht auf die Heimat“ auseinander. Verstanden als Bleiberecht am angestammten Wohnort, hat es dem Völkerrechtler zufolge einen festen Platz in der Architektur des Völkerrechts, selbst, wenn seine Durchsetzung zumeist an den vorherrschenden Machtkonstellationen scheitere. Im zweiten Forumsbeitrag legt Stefánia Kapronczay dar, inwiefern und warum in Ungarn unter nationalistischen Vorzeichen die zivilgesellschaftlichen Freiräume zu schwinden drohen. Der Tour d`Horizon von Nadja Kutscher wiederum zeigt auf, wie im rechten Demografie-Diskurs rassistische und anti-feministische Narrative genutzt werden, um auf ein angebliches Aussterben des deutschen Volkes aufmerksam zu machen. Der Hintergrundteil enthält, wie üblich, zwei Beiträge außerhalb des Schwerpunktthemas. Rainer Huhle zeichnet die Entwicklung des modernen Menschenrechtsschutzes nach und setzt sich dabei mit dem publizistischen und wissenschaftlichen Trend auseinander, die Menschenrechte zu kritisieren und ihr geschichtliches Ende zu prophezeien. Der zweite Hintergrundbeitrag befasst sich mit dem Menschenrecht auf Bildung. Michael Krennerich zeigt auf, wie die menschenrechtliche Perspektive den Blick für Bildungsprobleme auch in Deutschland schärfen kann.
„Menschenrechte und das Volk“ lautet der – zugegebenermaßen – reißerische Titel des vorliegenden Hefts. Anlass für die Themenwahl sind aktuelle politische Bemühungen von Autokraten und Rechtspopulisten, sich als Vertreter des „echten Volkswillens“ zu gerieren und im Namen des Volkes demokratische und menschenrechtliche Prinzipien außer Kraft zu setzen. Wenn die Demokratie aber mit der reinen Mehrheitsherrschaft gleichgesetzt und „das Volk“ als homogen verstanden wird, dann besteht die Gefahr, dass all jene, die nicht zur politischen Mehrheit gehören, auch nicht das „echte“ Volk repräsentieren oder gar dazu gehören. Nur dann, wenn in einer durch Vielfalt geprägten Gesellschaft demokratische Freiräume grund- und menschenrechtlich verbürgt sind, wird von vornherein der gesamte demos eingebunden, einschließlich der gesellschaftlichen und politischen Minderheiten, die es in der Demokratie zu achten und zu schützen gilt. Nur dann ist auch ein Wechsel von politischen Mehrheiten möglich. Auf den Sinnzusammenhang von Demokratie und Menschenrechten gehen eingangs gleich zwei philosophische Beiträge ein. Stefan Kirste erachtet Demokratie nicht nur als ein objektives Staatsstrukturprinzip, sondern auch als ein subjektives Recht auf freie und gleiche Teilhabe an der politischen Selbstbestimmung. Bei seiner Begründung des „Menschenrechts auf Demokratie“ setzt der Rechtsphilosoph an der Menschenwürde an. In Abgrenzung zu Carl Schmitt und zu konservativen Positionen unternimmt Heiner Bielefeldt anschließend eine Grundsatzreflektion zum Zusammenhang von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten und weist diese – im Horizont der Kant‘schen Aufklärung – als ein komplexes Sinnganzes aus. Politisch daran anknüpfen kann der Appell von Ralf-Uwe Beck: „Mehr (direkte) Demokratie wagen in Zeiten des Rechtspopulismus“. Der Theologe und Bürgerrechtler sieht in direktdemokratischen Verfahren keine Gefahr für die Demokratie, sondern eine Möglichkeit, Vertrauen in die Demokratie zurück zu gewinnen. Der Rechtswissenschaftler Stefan Schlegel setzt sich anhand der Schweizer Volksinitiativen ebenfalls mit dem Verhältnis zwischen Demokratie und Menschenrechten auseinander und nimmt dabei die Friktionen zwischen neu geschaffenem Verfassungsrecht und den Grund- bzw. Menschenrechten in den Blick. Um Integration als Recht, Pflicht oder Ermächtigung geht es in dem Beitrag von Andreas Funke. Der Rechtsprofessor legt die rechtlichen Bestimmungen sowohl für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Integration als auch für die politische Integration von Ausländer*innen dar und unterzieht das Bayerischen Integrationsgesetz einer kritischen Analyse. Der abschließende Beitrag im Schwerpunkteil behandelt die Geschichtspolitik der polnischen Regierung, der es daran gelegen ist, den Patriotismus im Lande zu stärken und die Deutungshoheit über die Nationalgeschichte zu gewinnen. Kenntnisreich stellt der Historiker Andreas Mix die verschiedenen geschichtspolitischen Initiativen in den Kontext des gewandelten Geschichtsbildes seit der Systemtransformation 1989/90. Bezüge zu dem Schwerpunktthema weisen auch die Forumsbeiträge und der Tour d`Horizon auf. Christian Tomuschat setzt sich mit dem „Recht auf die Heimat“ auseinander. Verstanden als Bleiberecht am angestammten Wohnort, hat es dem Völkerrechtler zufolge einen festen Platz in der Architektur des Völkerrechts, selbst, wenn seine Durchsetzung zumeist an den vorherrschenden Machtkonstellationen scheitere. Im zweiten Forumsbeitrag legt Stefánia Kapronczay dar, inwiefern und warum in Ungarn unter nationalistischen Vorzeichen die zivilgesellschaftlichen Freiräume zu schwinden drohen. Der Tour d`Horizon von Nadja Kutscher wiederum zeigt auf, wie im rechten Demografie-Diskurs rassistische und anti-feministische Narrative genutzt werden, um auf ein angebliches Aussterben des deutschen Volkes aufmerksam zu machen. Der Hintergrundteil enthält, wie üblich, zwei Beiträge außerhalb des Schwerpunktthemas. Rainer Huhle zeichnet die Entwicklung des modernen Menschenrechtsschutzes nach und setzt sich dabei mit dem publizistischen und wissenschaftlichen Trend auseinander, die Menschenrechte zu kritisieren und ihr geschichtliches Ende zu prophezeien. Der zweite Hintergrundbeitrag befasst sich mit dem Menschenrecht auf Bildung. Michael Krennerich zeigt auf, wie die menschenrechtliche Perspektive den Blick für Bildungsprobleme auch in Deutschland schärfen kann.
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